フェルディナント・フォン・ザールにおける「没落の威厳」について
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概要
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Viele Dichter des Kreises "Jung Wien" wie Hermann Bahr oder Hugo von Hofmannsthal wussten Ferdinand von Saar zu schatzen, aber bis lange nach seinem Tod blieb er im Allgemeinen beinahe vergessen. Es war Claudio Magris, der mit seinem Buch "Der habsburgische Mythos in der osterreichischen Literatur" Saar als einen der bedeutenden Dichter in Osterreich wieder in Erinnerung gebracht hat. Die Erzahlungen Saars nennt Magris "Chroniken entschwindender Geschlechter" und findet dort die Wurde des Untergangs. Er schreibt: "Saar ist der Dichter dieses unbeweglichen, wurdevollen Alters." - "Angesichts der unvermeidlichen Niederlage haben Saars Personen einen einzigen Ausweg, das beharrliche, soldatische Schweigen des Menschen, der mit wurdiger Festigkeit aus dem Leben zu gehen weiss. Saar ist der Dichter des erhabensten und mannlichsten Tons des habsburgischen Mythos." - "Der Mythos des wurdevollen Endes, das letzte sittliche Ideal des habsburgischen Untergangs, findet also in Saar seine erschutternde, lebendige Darstellung." Diese Auffassung von Magris uber Saar wird heute noch geteilt. Wenn man aber drei Novellen von Saar sorgfaltig liest, auf deren Grund Magris seine These entwickelt hat, stellt sich eine solche Auffassung als sehr fragwurdig heraus. Magris sieht Graf Reichegg in "Das Haus Reichegg" (1877) als einen der "unbeweglichen" Menschen an, "die ihr rechtes Bewegungs-und Gefuhlsmass kennen und ihr Leid nach aussen hin nicht verraten". Wenn man aber den Text genau liest, merkt man, dass der Graf nicht selten durch sein Verhalten oder durch bestimmte Aussagen seine Gefuhle ausdruckt: "Doch so, als hatte er mich zu tief in sein Herz blicken lassen, riickte er sich plotzlich in seiner stolzen Haltung zurecht." Nach Magris ist Graf Reichegg ein Aristokrat, der "mit stolzer Verachtung und soldatischem Schweigen" alles ertragt, indem er "von der alten, unbesiegten Gewohnheit des Herrschens beschutzt" wird. Obwohl der Graf sehr wohl weiss, dass Baron Rodern der Liebhaber der Grafin ist, erlaubt der Alte dem Jungen nicht nur sein dreistes Verhalten, sondern auch freche Bemerkungen. Er sieht also uber die Untreue seiner Frau und die Unverschamtheit des Barons hinweg und denkt auch nicht von fern daran, ihn zu fordern, um seine Ehre zu retten. Wo konnte man an diesem Verhalten eine "stolze" und "soldatische" Haltung finden? Die Novelle beschreibt dann das Lebensende des Grafen ganz lakonisch, was aber deutlich zeigt, dass er, "durch die Zeitereignisse gesturzt", in ratlosem Zustand aus dem Leben scheiden musste. General Brandenberg in "Vae vicits!" (1883) zahlt Magris ebenfalls zu den "unbeweglichen" Menschen mit Selbstbeherrschung, was durch eine genaue Lekture des Textes widerlegt wird, denn der General zeigt noch haufiger seine Gefuhle als Graf Reichegg. Wahrend der General als zaghafte und willensschwache Person dargestellt wird, ist seine Gattin Corona eine herrische und willensstarke Frau, die sich einen sehr energischen Mann mit "Entschlossenheit und Ausdauer" zum Geliebten nimmt. Dieser benimmt sich viel freier und frecher als Baron Rodern. General Brandenberg zeigt keinen Mut, den Geliebten seiner Frau zu fordern, nachdem er zufallig festgestellt hat, dass Corona Ehebruch begeht. Schliesslich nimmt er sich das Leben: "Ja, es war aus mit ihm-ganz aus! Nichts blieb ihm ubrig, als zu sterben." General Brandenberg ist also ein Mann von schwacher Natur, der letzten Endes in den Tod getrieben wird. So findet man auch in dieser Novelle weder "den erhabensten and mannlichsten Ton" noch "das wurdevolle Ende". Freiherr Gunthersheim in "Schloss Kostenitz" (1893) ist durch Milde und Sanftmut gekennzeichnet, was einen scharfen Gegensatz zu Stolz und Hochmut des Grafen Poiga-Reuhoff bildet, der die Frau des Freiherrn, Klothilde, zu verfuhren versucht. Obwohl man beim Freiherrn eine gewisse Selbstbeherrschung und Ruhe feststellen kann, stellen sich diese Eigenschaften doch als oberflachlich heraus. So verhehlt er zum Beispiel seine Beangstigung nicht, wenn Klothilde krank im Bett liegt. Seine letzten Lebensjahre, in denen er bis zu einer plotzlichen Lungenlahmung ein untatiges "Pflanzenleben" gefuhrt hat, kann man ebenso schwer als "das wurdevolle Ende" betrachten. Die prazise Lekture der drei Novellen zeigt also, dass man bei deren Leitfiguren weder "das unbewegliche, wurdevolle Alter" noch "den Menschen, der mit wurdiger Festigkeit aus dem Leben zu gehen weiss", schlussig nachweisen kann.
- 2006-03-31
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