カフカ文学における女性の機能 : 『失踪者』再読
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概要
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In Kafkas Werken findet sich eine grosse Anzahl von Frauen, die die Helden verfuhren. Welche wichtige Rolle wollte Kafka sie spielen lassen? Und warum konnten nur sie diese Rolle ubernehmen? Zur Annaherung an eine Antwort wird in der vorliegenden Arbeit das Frauenbild in Kafkas Roman "Der Verschollene" untersucht. Im Vergleich mit den kunftigen Helden, Josef K. und K, die allmahlich ihre Namen verlieren und sich symbolisieren, ist Karl Rossmann in "Der Verschollene" der Aufrichtigste und - mit den Worten Kafkas - "der Schuldlose". Aber eben deshalb hat Karl fast keine Moglichkeit, sich seiner inneren Kraft zu uberlassen. Seine Aktionen werden immer von ausserer Macht bestimmt, und die Fabel, die ihn umgibt, lauft unausweichlich weiter. Karl ist seiner Umwelt gegenuber stets passiv. Damit ist Karl in "Der Verschollene" die geeignete Figur, um die beeinflussende Kraft zu untersuchen, die die Frauen im Umfeld des Helden haben. Das Frauenbild eines Mannes und sein Interesse am anderen Geschlecht werden in seiner Kindheit von der Mutter gepragt. Betrachtet man aber die Beziehung zwischen Kafka und seiner Mutter, so muss die uberwaltigende Macht berucksichtigt werden, die sein Vater Hermann Kafka im hauslichen Kreis besass. Der Theorie des "Odipuskomplex" zufolge versucht ein Sohn seine Mutter zu monopolisieren und behandelt seinen Vater als lastigen Eindringling. Durch "Regungen" des Vaters empfindet der Sohn "Kastrationsangst", kann in der Folge ein "Uber-Ich" bilden und dem "Odipuskomplex" entkommen. Dabei wird jedoch die Kombination der drei Elemente Vater, Mutter und Sohn vorausgesetzt. Im Falle Kafkas kam es nicht zu dieser Lebenszeremonie: wohl nicht nur aufgrund der absoluten, uberwaltigenden Macht seines Vaters, sondern auch, weil sich seine Mutter Lowy ebenfalls der Macht Hermanns unterwarf, ihren Sohn nicht vor ihrem Mann schutzte und als Befehlende, die zwischen zwei Mannern vermittelte und ihrem Sohn nur die Position ihres Mannes ubermittelte, in Hermanns Schatten stand. Die uberwaltigende Macht von Kafkas Vater wird in "Der Verschollene" deutlich sichtbar. Nach dem Einlaufen in New York treffen Karl und der Heizer den Kapitan des Schiffs, der auch an Hermann erinnert. Bei diesem Treffen lehnt der Kapitan Karls Forderung ab, weil "eine Sache der Disciplin hier der Beurteilung des Herrn Kapitans unterliegt". Als Karl dort seinem Onkel Jakob begegnet und herzlich aufgenommen wird, scheint gleichzeitig das uberwaltigende Vaterrecht vom Kapitan auf den Onkel ubertragen zu werden. Bei einer Einladung in das Landhaus Herrn Pollunders bekommt Karl den Abschiedsbrief seines Onkels und wird damit wieder ausgeschlossen. In diesem Brief beschreibt sich der Onkel folgendermaBen: "ich bin durchaus ein Mann von Principien" "ich verdanke meinen Principien alles was ich bin". Das heisst, das Vaterrecht ist immer den auftretenden Personen immanent, die eine Seite als Kapitan beschrieben und als Onkel, und steht vor Karl. Wenn dieser von der "Disciplin" oder dem "Princip" abzuweichen versucht, halt man es fur einen Machtbruch, und er wird sofort verbannt. Daneben ist in der Szene des Hotels Occidental zu bemerken, dass die Personen desto weniger beschrieben werden, je hoher sie stehen. Weder als Karl in Dienst genommen wird, noch als er infolge des Falls Robinson wieder entlassen wird, tritt ein Hoteldirektor auf: In der Erzahlung wird der wahre Machthaber verborgen, er erscheint nicht. Die Personen, die korperlich offenbar werden, sind lediglich niedrigere Machthaber. Fur Kafka existiert hinter der uberwaltigenden Macht immer der Schatten Hermanns. Die Macht, die Karl jederzeit und uberall in unterschiedlicher Gestalt verfolgt und ihn ohne weitere Umstande zum Gehorsam bringt, ist das Vaterrecht. Um sich von der Disziplin des Vaterrechts zu befreien, sind drei Methoden denkbar. Erstens: Durch Heirat und eigene Vaterschaft dem Vater die Macht zu entziehen und durch die Vereinigung mit dem Vaterrecht eine neue Disziplin hervorzubringen. Der Sohn beendet den Konflikt mit seinem Vater erst dann, wenn er selbst Vater wird. Zweitens: Ledig bleibend das eigene Leben hinzugeben und mit dieser Weltflucht auch vor dem Kreis des Vaterrechts zu fliehen. "Das Urteil", in dem der Held sich dem Befehl seines Vaters entsprechend totet, ist nicht das einzige Beispiel fur diese Methode. Sie findet sich in zahlreichen Werken Kafkas, wie "Der Prozess" oder "In der Strafkolonie". Drittens: Sich aus der Verfolgung durch das Vaterrecht, zugleich dem wahren Gewalthaber, einer alternativen, neuen Macht unterzuordnen. In "Der Verschollene" wahlt Karl diese dritten Methode. Bei Herrn Pollunder trifft er Klara, die ihn mit mannlicher Kampfkunst bezwingt, als sie sich zusammen in ihrem Zimmer vergnugen. Dies lasst sich interpretieren als Rettung mit "kraftiger Macht" vor dem Vaterrecht, das ihn verfolgt, "Politische Macht" hat die Oberkochin im Hotel Occidental, mit der sie Karl auf leichte Weise die sonst nicht einfach zu erhaltende Arbeit des Liftjungen vermittelt. Am Ende kommt er zu der Sangerin Brunelda. Sie ist das Symbol "okonomischer Macht", sichtbar an Delamarche, der als ihr Geliebter an Einfluss gewinnt. "Kraftige Macht", "politische Macht" und "okonomische Macht" konnen eher als Symbole mannlicher denn weiblicher Macht betrachtet werden. Doch die erwahnten Frauen haben ein weiteres charakteristisches Merkmal gemeinsam: Den Duft der Dirne, die Erotik gegen irgendeine Art der Bezahlung tauscht. Dies ist der Ausdruck von weiblicher Korperlichkeit, Sinnlichkeit und Abhangigkeit, mannlicher Intelligenz, Geistigkeit und Selbstandigkeit gegenubergestellt. Kafka scheint diese Anziehungskraft der Dime fur eine wichtige Funktion gehalten zu haben, die nur Frauen haben konnen. Auch im Judentum, der geistigen Grundlage Kafkas und dem ersten Gegenstand seiner Ablehnung, wurden Frauen auf zwei Arten beurteilt. In der ausserordentlich asketischen Literatur wurde die Frau nur betrachtet als "Verfuhrerin, welche den frommen Kabbalisten von seinen heiligen Gedanken ablenkt". Doch bei manchen frommen Juden in Osteuropa gab es auch die Auffassung, die Verfiihrung von Frauen als unentbehrlich und positiv anzusehen: Jeder, der zur "hoheren Stufe des Bussers" gelangen wolle, musse sich zunachst in den "Bereich der Sunde" begeben, erst dann konne er seine Suhne leisten. Der "Bereich der Sunde" deutet auf das Verhaltnis zu Frauen auch im sexuellen Bereich hin. Hat die sexuelle Verfuhrung, die auf die Manner gerichtet ist, die Macht, sie zu erlosen, und konnen sie durch die "Sunde", das heisst durch ein solches Verhaltnis zu den Frauen, die "hohere Stufe" der Heiligkeit erreichen? Die "hohere Stufe" bedeutet bei Karl, friedlich in Amerika zu leben, ohne Bedrohung durch das Vaterrecht. Und im Falle von Kafka selbst war dies, sich von der Furcht vor seinem Vater Hermann zu befreien und weiterhin seinen "Befehl" abzulehnen. Fur Kafka existierte der weibliche sexuelle Zauber nicht, um die Manner zu erniedrigen, sondern als Wegweiser der Erlosung, gerichtet auf eine heiligere Welt.
- 慶應義塾大学の論文